2006 wurden zehn Verwaltungsrätinnen neu in die obersten Gremien der kotierten Schweizer Aktiengesellschaften gewählt. Ethos begrüsst die Persönlichkeiten weiblichen Geschlechts in den Verwaltungsräten. Frauen sind dort traditionell weit unterrepräsentiert, dies obwohl immer mehr Frauen über einschlägige Hochschulabschlüsse verfügen und Erfahrung aus der Wirtschaft mitbringen.
Während bei Bobst, Calida, Kudelski, Lonza und UBS erstmals eine Frau im Rat Einsitz nimmt, verfügen BKW FMB Energie, Bossard, Nestlé, Roche und Swisscom heute über zwei Verwaltungsrätinnen. Der Anteil der weiblichen VR-Mitglieder der hundert grössten kotierten Gesellschaften der Schweiz beläuft sich auf 6,7% (9,5% bei den SMI-Unternehmen), gegenüber 29% in Norwegen, 20% in Schweden, 18% in Dänemark, 12% in den USA, 11% in Grossbritannien und Kanada, aber nur 7% in Frankreich und Australien. In Japan finden sich aus kulturellen Gründen überhaupt keine Frauen in den Räten der kotierten Gesellschaften.
Zum 20-Jahr-Jubiläum der in den USA gegründeten «Glass Ceiling Commission» (welche Minderheiten den Durchbruch durch die sinnbildliche «Glasdecke» ermöglichen sollen, die ihnen den Zugang zu Spitzenpositionen verwehrt) zogen mehrere Untersuchungen Bilanz über die Stellung der Frau in der Arbeitswelt. Die Ergebnisse sind enttäuschend. Denn mit Ausnahme der nordischen Länder, wo gezielte Massnahmen die Aufstiegsmöglichkeiten der Frauen unterstützen, bleibt die Zahl der Verwaltungsrätinnen im Rest der Welt von auffallend stabiler Bescheidenheit.
Um die Vielfalt zu verbessern und die Chancengleichheit zu fördern, hat Norwegen – Leader beim Frauenanteil in der Wirtschaft – einen weiteren Schritt getan, indem den Verwaltungsräten der 650 grössten kotierten Gesellschaften Quoten vorgeschrieben wurden. Sie haben nun bis 2008 Zeit, den Anteil von Frauen in Verwaltungsräten auf 40% zu erhöhen. In Spanien, wo die Präsenz von Frauen in den Räten mit 4% sehr gering ist, hat die Regierung die Sache ebenfalls in die Hand genommen: Der Entwurf eines neuen Gleichberechtigungsgesetzes sieht ebenfalls eine Quote von 40% bei kotierten Gesellschaften vor. Dieses Gesetz muss jedoch vom Parlament erst ratifiziert werden.
Eine Frage der Effizienz
Heute betrachten die Unternehmen mit Frauen im Verwaltungsrat dies nicht nur als eine Frage der Ethik bzw. Gleichberechtigung, sondern begründen die Präsenz von Frauen auch mit der Vielfalt. In der Zwischenzeit gilt als erwiesen, dass gemischte Teams (Männer/Frauen) Probleme besser lösen können als nicht gemischte Gremien. Spezialisten für die Rekrutierung von Spitzenkader führen auch das Argument der besonderen Fähigkeiten der Frauen für gewisse Aufgaben («multi-tasking», «team-building» und Kommunikation) ins Feld: alles entscheidende Eigenschaften für eine erfolgreiche Unternehmensführung im 21. Jahrhundert.
Um jedoch die Probleme von gesetzlich vorgeschriebenen Quoten zu vermeiden, sollten für die erwünschte «Feminisierung» der Verwaltungsräte zunächst die Ursachen des mangelnden Frauenanteils in den Führungsgremien erforscht werden. Anschliessend können geeignete Massnahmen ergriffen werden, um den beruflichen Aufstieg der Frauen zu erleichtern.